Die Geschichte vom 18. Kamel

Mit Kreativität und Köpfchen zum Erfolg: Metapher für unser Selbstverständnis

Ein Mullah ritt auf seinem Kamel nach Medina. Unterwegs sah er eine kleine Herde von Kamelen. Daneben standen 3 junge Männer, die offenbar sehr traurig waren.

„Was ist Euch geschehen, Freunde?“, fragte er, und der älteste antwortete: „Unser Vater ist gestorben. Allah möge ihn segnen.“ „Das tut mir leid für Euch. Aber er hat Euch doch sicherlich etwas hinterlassen?“

„Ja“, antwortete der junge Mann, „diese 17 Kamele. Das ist alles, was er hatte.“ „Dann seid doch fröhlich! Was bedrückt Euch denn noch?“ „Es ist nämlich so“, fuhr der älteste Bruder fort, „sein letzter Wille war, dass ich die Hälfte seines Besitzes bekomme, mein jüngerer Bruder ein Drittel und der Jüngste ein Neuntel. Wir haben schon alles versucht, um die Kamele aufzuteilen, aber es geht einfach nicht.“

„Ist das alles, was Euch bekümmert, meine Freunde?“ fragte der Mullah. „Nun, dann nehmt doch für einen Augenblick mein Kamel und dann lasst uns sehen, was passiert.“

Von den 18 Kamelen bekam jetzt der älteste Bruder die Hälfte, also 9 Kamele; neun blieben übrig. Der mittlere bekam ein Drittel der 18 Kamele, also 6; jetzt waren noch 3 übrig. Und weil der jüngste Bruder ein Neuntel der Kamele bekommen sollte, also 2, blieb ein Kamel übrig. Es war das Kamel des Mullahs; er stieg wieder auf und ritt weiter und winkte den glücklichen Brüdern zum Abschied lachend zu.

(zitiert nach Lynn Segal: Das 18. Kamel oder DieWelt als Erfindung, München 1988, Piper)